Bill Clinton in Eisenach
Rede des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an die Einwohner von Eisenach
Vielen Dank. Herr Bundeskanzler, Herr Ministerpräsident, Herr Oberbürgermeister, Einwohner von Eisenach und insbesondere alle jungen Menschen, die hierher gekommen sind, ich danke Ihnen für diesen herzlichen Empfang.
Jetzt weiß ich, warum Martin Luther Eisenach "meine geliebte Stadt" nannte. Und ich bekomme ein Gefühl für den Geist und die Unabhängigkeit, die Johann Sebastian Bach inspirierten, der als junger Komponist mit dem Kontrapunkt experimentierte, die Kirchenältesten mit seinem Orgelspiel verärgerte, aber alle anderen Menschen auf der Welt begeisterte.
Wie bereits gesagt wurde, war es eine der ersten Amtshandlungen der amerikanischen Soldaten, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hierher kamen, die Anweisung zum Wiederaufbau des Bachhauses zu geben. Ich bin immer noch stolz auf diese historische Tat unserer Streitkräfte.
Wie Sie wissen, wurde Eisenach durch eine frühere Übereinkunft der Kontrolle der sowjetischen Streitkräfte unterstellt, aber unsere Soldaten haben nie diese wunderbare Stadt vergessen, und Sie vergaßen nie das Gefühl von Freiheit.
Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, daß heute ein amerikanischer Präsident und ein deutscher Bundeskanzler an diesem Ort in einem vereinten Deutschland und einem zusammenwachsenden Europa stehen würden.
Es ist in nicht unerheblichem Maße das Verdienst Ihres Bundeskanzlers, daß Deutschland heute eine geeinte Nation ist, die in Harmonie mit ihren Nachbarn lebt und im Mittelpunkt der europäischen Bestrebungen steht, das 21. Jahrhundert zu einem Jahrhundert der Demokratie, des Wohlstands und Friedens zu machen.
Ich weiß, daß es hier in den neuen Bundesländern nicht einfach war, Deutschland zu vereinigen und wiederaufzubauen. Ich weiß, daß Opfer gebracht wurden. Ich weiß, daß noch Einiges zu tun ist, aber vergessen Sie nicht die großen Fortschritte, die Sie in so kurzer Zeit gemacht haben. Und unterschätzen Sie nicht, was Sie als freie Menschen mit Ihren Träumen erreichen können.
Ich habe gerade das Opel Werk besichtigt, das 1991 aufgebaut wurde. Mit seiner Technologie, der Mitbestimmung der Arbeitnehmer an Entscheidungen und seinen innovativen Bestrebungen zum Schutz der Umwelt ist es jetzt ein Vorbild für die ganze Welt. Ich bin stolz darauf, daß amerikanische Unternehmen wie General Motors Investitionen in Ihre Zukunft getätigt haben. Ich wünschte, noch mehr Unternehmen würden diesem Beispiel folgen, bis alle Menschen in ganz Deutschland die Chance haben, ihre ihnen von Gott gegebenen Fähigkeiten voll und ganz zu nutzen.
Auf Ihrem Weg in die Zukunft haben Sie Ihre Vergangenheit nicht vergessen. Sie ehren Luther und Bach und erinnern daran, was diese der Welt gegeben haben. Und Sie ehren Amerika, indem Sie an unsere Rolle bei Ihrem Weg in die Freiheit erinnern.
Wie der Oberbürgermeister bereits sagte, haben Sie eine Partnerstadt in den Vereinigten Staaten in Waverly, Iowa. In Ihrem Rathaus hängt ein Quilt, der von Frauen in Waverly, Iowa, angefertigt wurde, von denen die meisten deutscher Abstammung sind. Eine von ihnen war bereits 101 Jahre alt, als sie an dem Quilt arbeitete. Während Ihrer dunkelsten Jahre haben diese fernen deutschen Verwandten in Amerika niemals ihren Glauben verloren, daß Sie hier eines Tages frei sein würden.
An diesem wunderschönen Frühlingstag in Thüringen werden wir vom Licht und der Wärme der Freiheit überflutet. Möge dieses Licht immer über ganz Deutschland, über diesen ganzen Kontinent und die ganze Welt scheinen, und mögen Sie die Chancen erhalten, auf die sie so lange gewartet haben und für die Sie so hart gearbeitet haben.
Ich danke Ihnen. Gott schütze Sie.