Die Curt-Elschner-Galerie als Bestandteil des Thüringer Museums in Eisenach begeht in diesem Jahr ihr 100-jähriges Gründungsjubiläum. Das bietet den Anlass für eine Jubiläumsausstellung, die den Bogen über Raum und Zeit spannt.
Zehn aus Thüringen stammende Gegenwartskünstler treten unter der Überschrift “Gegenlicht” in einen schöpferischen Diskurs mit den „alten Meistern“ der Elschner-Galerie. Ihre Werke eröffnen aktuelle Sichtweisen im Sinne eines Gegenbild-Gedankens zu Positionen aus der Sammlung und ermöglichen den Blick auf individuelle Stilrichtungen und verschiedene künstlerische Strömungen. Zu sehen sind die Werke im Thüringer Museum Eisenach vom 8. November 2025 bis 3. Mai 2026.
Werke aus verschiedenen Kunstepochen stehen sich gegenüber
Das Gegenüberstellen von Werken aus den verschiedenen Kunstepochen reflektiert die gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Eigenheiten ihrer jeweiligen Zeit und weitet den Blick auf die unterschiedlichen Möglichkeiten schöpferischer Prozesse. Die Ausstellung möchte einen Spannungsbogen in das Jetzt erzeugen – zum künstlerischen Geschehen in Thüringen. Dies erlaubt dem Betrachter einen Rück- sowie Ausblick und wirft die Frage nach der Beziehung zwischen „Mensch und Natur“ als Konstante in der künstlerischen Auseinandersetzung über eine lange Zeitspanne hinweg erneut auf.
Vertreten sind die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler: Wolf Bertram Becker, Elke Albrecht, Katrin König, Volker Regel, Stefan Leyh, Mathias Perlet, Rainer Marofke, Sibylle Prange, Martin Max, Tanja Pohl. Im Pendant dazu sind Werke folgender historischer Künstler zu sehen: Max Klinger, Arnold Böcklin, Louis Douzette, Friedrich Otto Gebler, Friedrich Preller d.Ä., Friedrich Preller d.J., Karl Buchholz, Albert Heinrich Brendel.
Hotelier Curt Elschner stiftete die Gemäldesammlung
Mit der Stiftung einer Gemäldesammlung durch den namhaften Hotelier Curt Elschner erweiterte das Thüringer Museum sein Profil zu einem Kunstmuseum. Die nach Elschner benannte Galerie enthält Kunstwerke von Malern aus dem 19. und 20. Jahrhundert, welche vorrangig im deutschen Raum aktiv waren. In ihrem Stil zeigen sich die unterschiedlichen akademischen Ausprägungen der einflussgebenden Kunstzentren der damaligen Zeit in Düsseldorf, München und Weimar. Zu nennen sind hier v.a. Heinrich von Zügel, Anselm Feuerbach, Franz von Lenbach und Oswald Achenbach.
Mittlerweile sind die Künstler der Elschner-Galerie fester Bestandteil des deutschen kunstgeschichtlichen Bildgedächtnisses. Rückblickend sind sie ihre eigenen facettenreiche Wege gegangen, um neue Ideen zu finden. Und dies gilt damals so wie heute.
Kurzinformationen zu den Künstlern
Elke Albrecht
Elke Albrecht bricht mit der klassischen Trennung von Zeichnung und Malerei, nicht nur mit dem Ineinandergreifen oder dem Nebeneinander der beiden Techniken in einem einzelnen Gemälde. Mit einer aufeinander fallenden oder sich überlappenden Formensprache treibt sie das Spiel von Form und Gegenform, von Geschlossenheit und Transparenz, von Fläche und Linie, Lasur und Struktur auf die Spitze. Das Schöne und Einmalige wird zu etwas sehr Subjektivem, das sich nicht mit den gewohnten Kategorien inhaltlicher Erklärungsmuster entschlüsseln lässt. (Frank Nolde)
Katrin König
Die Arbeiten von Katrin König öffnen unseren Blick auf andere, bisher nicht gewohnte Formkonstellationen und auf den Begriff der Form selbst. Denn Form ist immer ein willkürlicher Schnappschuss, den wir als Artefakt aus einem Kontinuum an Formbildungs- und Formauflösungsprozessen herausschneiden. Das zu sehen, sprich: unendlich variierende Eindrücke von der wahren Natur des Seins, ist das spannende ästhetische Abenteuer, zu dem uns Katrin König mit ihrer Kunst einlädt. (Kai Uwe Schierz)
Martin Max
Für Martin Max ist Landschaft als Subjekt in der Kunst stets ein verlässlicher Ort für Romantik, Sehnsüchte oder Dramatik. Es ergibt sich ein künstlerischer Bericht über den persönlichen Umgang mit dem jeweiligen Anliegen und die Suche nach der Ungewissheit der Natur. Das zeigt sich im Ölbild „Auf den Spuren von C. D. Friedrich“: Das bekannte Motiv wird verändert, in eine eigene Formsprache überführt und erhält dadurch neben dem Blick in die Vergangenheit eine expressive Neudeutung.
Mathias Perlet
In den Arbeiten von Mathias Perlet formieren sich realistische Gegenständlichkeit und die grelle scheinwerferartige Lichtgestaltung zu Gemälden, die wie Momentaufnahmen innerhalb eines Bühnenstücks oder Films erscheinen. Versehen mit den phantastischen Elementen verbildlicht Mathias Perlet damit eindringlich emotionale Zustände ebenso wie Sehnsüchte. Seine Bilder entfalten folglich eine starke psychologische Tiefe, die sich den Betrachtenden nach und nach andeutet, jedoch in ihrer Gänze unzugänglich bleibt. Mathias Perlet erschafft so jene fesselnde Spannung zwischen der Fragilität und Starre des Moments, zwischen Natur und Kunst und letztlich zwischen Sein und Schein. (Nadine Rall)
Sibylle Prange
Sibylle Prange liebt das Meer, die Wüste, die Weite, wo Verlorenheit das Melancholische berührt. Anregungen erfährt sie durch konkrete Landschaften. Zielgerichtet steuert sie Gegenden an, die sie „gebrochene Locations“ nennt. Es sind nicht die touristischen Landschaften der Reiseprospekte, sondern eher Orte, die durch das gekennzeichnet werden, was übrigbleibt, wenn der Mensch weg ist. Folgerichtig sind die meisten ihrer Bilder figurenlos. Schönheit wächst damit insbesondere dem Übersehenen und Unansehnlichen zu, dem, über das die Zeit hinweggegangen ist. (Christoph Tannert).
Tanja Pohl
Seit ihrem Studienabschluss geht Tanja Pohl einen Weg, der von intensiver künstlerischer Arbeit mit immer neuen experimentellen Einfällen geprägt ist. Dies findet Niederschlag in eindrucksvollen, abstrahierten Grafiken und Bildern, die stark landschaftlich inspiriert sind, aber auch in davon beeinflussten Kopf- und Figurendarstellungen. Letztlich geht es in Tanja Pohls Kunst um den Menschen, um Bedingungen und Möglichkeiten seines Daseins in einer von ihm gefährdeten Welt, um deren lebenswerte Gestaltung er kämpfen muss. (Ingrid Koch)
Volker Regel
Volker Regel bearbeitet das Papier wie ein Stück seiner Geschichte. Regel „schreibt“ seine Gefühle in das Papier, sodass abstrakte Landschaften entstehen, die nun mehr von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Material, aber auch mit seiner Umgebung, seiner Situation erzählen. „Das Kunst-Bild“, sagte Volker Regel einst, „endet nicht im Rahmen und an seiner Oberfläche, es setzt sich in den Köpfen des Machers und der Betrachter fort. Als materiell-geistiges Gegenbild entfaltet es ein formkristallisierendes, strukturelles Eigenleben, das auch die Schichten unter seiner Oberfläche Form werden und sprechen lässt.“ (Claudia Tittel und Volker Regel)
Stefan Leyh
Bevorzugt arbeitet Stefan Leyh mit Kugelschreiber und Bleistift. Oft benutzt er diese graphischen Mittel für sich, aber auch in Kombination. In seinen kleinformatigen Zeichnungen ging es bisher vorrangig um Portraits, und das bleibt weiterhin ein wichtiger Arbeitsansatz. Die großformatigen Arbeiten sind hingegen eher dystopischer Natur. Menschenleer bilden sie Areale mit Gebäuden und bauliche Strukturen im Aufbau oder Zerfall ab. Die Erfahrungen aus Natur, Wald, Landwirtschaft und ländlichem Leben fließen in seine Arbeiten ein. Sie sind für ihn Quelle der Inspiration und des Verständnisses für die Verbindung zwischen Menschen und ihrer Umgebung.
Rainer Marofke
Im Jahr 2016 begann Rainer Marofke die Arbeit an einer großformatigen Werkgruppe mit Landschaftszeichnungen, Grafitzeichnungen auf grundiertem Karton, bis 100 x 170 cm. Die Technik nennt der Künstler „Grafitmalerei“: Feine Nuancen, Texturen, grafische Spuren verbinden sich hier mit der im Detail abstrakten Zeichnung und naturalistischer Bildwirkung. Unscheinbare, namenlose Orte entstehen an der Staffelei im Atelier, nicht aus realen Motiven. „Erinnerte Landschaften“ nennt der Künstler das. Romantik und Melancholie schwingen mit. Zeit und Menschenwelt werden bewusst vermieden. Die Natur ist größer als der Mensch, der diese zu oft „mit Füßen tritt“. Im Jahr 2024 begann die Arbeit an einem für den Künstler äußerst ambitionierten Projekt, die großformatigen Zeichnungen in ebenso großen Ätzradierungen umzusetzen.
Wolf Bertram Becker
In unterschiedlichen Abstraktionsgraden widmet sich Becker der (gebauten) äußeren Welt und ihrem momentanen Pulsschlag, wobei sich seine Bilder einer klassischen Abbildhaftigkeit verwehren. Fragend, suchend, teils analytisch, teils gefühlsbetont untersucht Becker seine jeweils unmittelbare, augenblickliche Umgebung und vermittelt durch seine Gemälde die Idee, das Wesen eines Ortes. Mit schnellem Pinselstrich, der gestisch-expressiv in Öl auf Leinwand gebracht eine Form der Wirklichkeit konstruiert, widmet sich Becker seinen bevorzugten Sujets: Landschaft, Stadt und Architektur. (Magdalena Mai & Michaela Mai)
Arnold Böcklin
Arnold Böcklin (1827 – 1901) war ein Schweizer Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer des Symbolismus. Er gilt als einer der bedeutendsten bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts in Europa. In Basel erhielt er Zeichenunterricht und studierte von 1845 bis 1847 an der Kunstakademie in Düsseldorf. Obwohl er eine lange Zeit seines Lebens in Nord- und Mitteleuropa arbeitete, inspirierte ihn die Landschaft Italiens am meisten. Mit Weimar ist sein Name verbunden, weil er von 1860 bis 1862 Lehrer an der Weimarer Kunstschule war, auf die seine Lehrtätigkeit auf Grund der Kürze seines Aufenthalts allerdings wenig Wirkung hatte. Ab 1862 ging er wieder nach Italien und ließ sich von der Antike inspirieren. Seine Naturstudien weichen zunehmend Darstellungen von mythologischen Fabelwesen.
Louis Douzette
Louis Douzette (1834 – 1924) war ein deutscher Maler der Spätromantik, bekannt für nächtliche Stimmungslandschaften. In Berlin studierte er bei Hermann Eschke; regelmäßige Aufenthalte an Ostsee, Rügen und Darß prägten sein Werk. Douzette trat 1863 dem Verein Berliner Künstler bei und reiste 1878 nach Paris, wo er die französische Pleinairmalerei der realistischen Schule von Barbizon kennenlernte. Er erhielt 1896 eine Professur an der Berliner Akademie der Künste. Sein Œuvre zeichnet sich durch stimmungsvolle Mond- und Nachtstimmungen aus, weshalb er als „Mondschein-Douzette“ bezeichnet wurde.
Friedrich Otto Gebler
Friedrich Otto Gebler, geboren 1838 in Dresden, gestorben 1917 in München, war ein deutscher Tiermaler. Nach dem Studium der Malerei an der Dresdner Akademie setzte er seine Ausbildung an der Münchner Akademie fort, wo er unter Karl Theodor von Piloty wirkte. Gebler hob Schafe als Motiv hervor und fertigte dazu zahlreiche physiognomische Studien in erstaunlicher Vielfalt. Für das Bild „Schafe vor der Staffelei eines Malers“ erhielt er 1874 die kleine goldene Medaille der Berliner Ausstellung. In den letzten Jahren erweiterte er sein malerisches Spektrum auf die Darstellung von Hunden. Ein derartiges Bild wurde auf der internationalen Ausstellung in München durch eine zweite Medaille ausgezeichnet und für die dortige Pinakothek angekauft.
Max Klinger
Max Klinger (1857 – 1920), geboren in Leipzig, stammte aus wohlhabenden Verhältnissen; er studierte in Karlsruhe und an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. Nach Studienaufenthalten in Brüssel, Paris und Rom kehrte er 1893 nach Leipzig zurück. Als Maler, Bildhauer und Radierer zählt er zu den herausragenden Vertretern des Symbolismus. Mehr als vier Jahrzehnte stand Max Klinger in Deutschland im Mittelpunkt eines Meinungsstreits, was moderne Kunst sei. Nach seinem Tod in Großjena geriet die europäische Berühmtheit Max Klinger rasch in Vergessenheit. Erst Jahrzehnte später wurde sein Werk von der Kunstkritik wiederentdeckt und er als bedeutender Protagonist der aufkeimenden Moderne gewürdigt.
Friedrich Preller d. Ä.
Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878) erhielt seine erste künstlerische Erziehung 1818/1819 unter Heinrich Meyer in Weimar. Goethe schickte ihn zu weiteren Studien nach Dresden und sorgte dafür, dass er vom Weimarer Großherzog Karl August mehrere Stipendien erhielt. Von 1827 bis 1831 suchte er in Rom die idealisierte Vorstellung von Landschaft mit den beim Studium der Natur gewonnenen Eindrücken zu verbinden. 1844 erhielt er einen Lehrauftrag an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar und wurde zum Professor und Hofmaler ernannt. Ungeachtet neuer zukunftsweisender Tendenzen blieb für Preller das von Goethe geprägte klassizistische Kunstprogramm über die Jahrhundertmitte hinaus verbindlich.
Friedrich Preller d. J.
Friedrich Preller d. J. (1838–1901) bekam erste Unterweisungen im Malen und Zeichnen von seinem Vater Friedrich Preller d. Ä. in Weimar. Gemeinsame Reisen unternahm er mit seinem Vater nach Rom und an die Küste von Neapel und Sizilien, um dort vor der Natur die ursprüngliche Landschaft zu studieren. Im Jahr 1880 wurde er als Kunstprofessor an die Dresdner Akademie berufen. Sein Werk zeichnet sich durch feine Farbstufungen, klares Licht und ruhige Kompositionen aus, oft mit mariner Thematik oder idyllischen Küstenlandschaften.
Karl Buchholz
Karl Buchholz (1849–1889) trat 1867 in die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar ein, Schüler des Landschaftsmalers Max Schmidt. Ab 1871 war er Meisterschüler bei Theodor Hagen, der von der Düsseldorfer Kunstakademie nach Weimar kam, wo er seine Ideen einer an die Schule von Barbizon angelehnten Freilichtmalerei vertrat und so einer der ersten deutschen Impressionisten und zum eigentlichen Begründer der Weimarer Malerschule wurde. In seinen Bildern geht es um eine ruhige, unprätentiöse Nüchternheit des Blicks auf die unverdorbene Natur. Dabei verzichtete er in seinen Bildern auf effektvolle Lichtsituationen oder ungewöhnliche Ausschnitte.
Albert Heinrich Brendel
Der Tier- und Landschaftsmaler Albert Heinrich Brendel (1827–1895) wurde in Berlin geboren. Nach einer Ausbildung an der Berliner Kunstakademie schuf er neben Ölgemälden auch Aquarelle. Von 1854 bis 1870 lebte der Maler im Dorf Barbizon am Wald von Fontainebleau. Zu Rousseau, Corot oder Diaz hegte er freundschaftlichen Kontakt. Seine dort entwickelten Bildthemen fanden große Anerkennung in Paris und Berlin. So bekam er aufgrund seiner herausragenden Leistungen in der Landschafts- und Tiermalerei dreimal die goldene Medaille des Pariser Salons verliehen und wurde 1869 zum Ehrenmitglied der Berliner Akademie ernannt. Von 1881–84 war er Direktor der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar.
Weitere Informationen zum Thüringer Museum gibt es hier.