Die Sanierung des in der Stadt Eisenach wohl größten Umweltschadens kann weiter gehen. Dank finanzieller Unterstützung des Landes Thüringen können die zwei auf dem ehemaligen Gaswerkgelände aufgefundenen Teergruben zeitnah geleert und zurückgebaut werden. Schwarz auf Weiß ist das seit heute (7. September) im Fördermittelbescheid nachzulesen. Diesen erhielt Oberbürgermeisterin Katja Wolf aus den Händen von Anja Siegesmund (Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz). Die Ministerin machte sich vor Ort auf dem Gaswerkgelände ein Bild vom aktuellen Stand der Sanierungsarbeiten und sagte: „Wir machen keine halben Sachen. Als die zweite Teergrube gefunden wurde, haben wir die Fördermittel auf nunmehr 1,2 Millionen Euro erhöht.“ Die Ministerin kündigte zudem an, für die Sanierung auf dem Gelände der alten Farbenfabrik in der Bahnhofstraße weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. „Ich komme nicht nur wegen Elektromobilität und dem größten Hochwasserschutzprojekt in Thüringen nach Eisenach. Ich leiste auch bei der Beseitigung von ökologischen Altlasten meinen Beitrag“, ergänzte Anja Siegesmund.
„Bauabschnitt eins – die Grundlage für alle weiteren Arbeiten – haben wir geschafft“, erläuterte Katja Wolf. Das Abreißen zweier Flachgebäude und einer Schornsteinruine war ein wichtiger Schritt, weil nur so ausreichend Platz vorhanden ist, um die Teergruben zu beseitigen. „Wir sind ursprünglich von nur einer Grube ausgegangen“, sagte Katja Wolf. Bei den Abrissarbeiten, die von Mitte Januar bis Anfang April gedauert hatten, war aber eine zweite Teergrube aufgefunden worden. Sie hat ein Füllvolumen von 265 Kubikmetern – so groß wie ein Schwimmbecken. Weiterhin stießen die Bauarbeiter auf Ablagerungen von verbrauchten Gasreinigermassen – rund 400 Kubikmeter Volumen. Gasreinigermassen sind schadstoffhaltige Nebenprodukte, die bei der Erzeugung von Stadtgas – konkret bei der Aufbereitung/ Reinigung von Gas aus Steinkohle – entstehen. „Dank der Landesmittel in Höhe von 1,2 Millionen Euro können wir beide Teergruben leeren und entfernen und auch die Gasreinigermassen fachgerecht entsorgen“, so Katja Wolf. Damit die Teergruben beseitigt werden können, muss zuvor das Grundwasser abgesenkt werden – auf sieben Meter unter dem Gelände. Dazu werden Absenkbrunnen installiert und eine Aufbereitungsanlage für das Grundwasser. Zu den weiteren Arbeiten dieses zweiten Bauabschnittes gehören der Aushub und die Entsorgung des an die Teergruben angrenzenden Bodens. Zu entsorgen sind rund 1200 Tonnen Teerprodukte, 615 Tonnen Gasreinigermasse, 3200 Tonnen kontaminierter Boden, 400 Tonnen Bauschutt (teilweise kontaminiert), 135 Tonnen gemischte Abfälle und 190 Tonnen Teeröl/Wasser-Gemisch. Die Baugruben werden anschließend mit 3130 Kubikmetern Erdreich wieder aufgefüllt.
Die Sanierungsarbeiten auf dem Gaswerkgelände kosten insgesamt 1,62 Millionen Euro. Das Land Thüringen zahlt davon 500.000 Euro im Jahr 2018 und 700.000 Euro im Jahr 2019. Bei der Stadt Eisenach verbleibt ein Eigenanteil in Höhe von 420.000 Euro.
Derzeit ist das Baufeld einschließlich der Teergruben und der Ablagerungen eingezäunt und gesichert. Die beiden Teergruben sind mit witterungsbeständigen Folien abgedeckt, damit kein Regenwasser in die Gruben kommt. Zeitnah wird jetzt die Baumaßnahme des zweiten Bauabschnittes öffentlich ausgeschrieben. Baubeginn soll im Dezember 2018 sein, das Ende der Bauarbeiten ist voraussichtlich für Mai 2019 geplant. Aktuell wird bis Ende 2019 halbjährlich das Grundwasser überwacht. Das Messnetz wird noch in diesem Monat um eine weitere Grundwassermessstelle ergänzt.
Eisenacher Gaswerk
Seit Dezember 1898 war das zweite Eisenacher Gaswerk in der Gaswerkstraße 9 in Betrieb. Hergestellt wurde zunächst Leuchtgas für Straßenlaternen. Die Einführung des „Kochgases“ führte um 1910 zur Erweiterung des Werkes auf die doppelte Leistung. Gegen Ende der 20er Jahre wurde die bestehende Ofenanlage durch eine moderne Kammerofenanlage ersetzt. Sie ließ eine erhebliche Steigerung der Gasproduktion zu. Das Kochgas wurde aus Steinkohlegas gewonnen. Für den Kohletransport verfügte das Gaswerk über einen eigenen Gleisanschluss. Die Gasproduktion wurde bis zum Mai 1945 eingestellt. In den Betriebsjahren 1950 bis 1969 gab es viele Um-, Neu- sowie Erweiterungsmaßnahmen. Das Eisenacher Gaswerk stellte 1982 seinen Betrieb ein, die technischen Anlagen waren verschlissen. Die Lage am Stadtrand, mit Gleisanschluss, war für eine Verlagerung des Kohlenhandels günstig. Dieser nutzte das Gelände bis 1992 als Ent- und Umladestation der Kohlezüge. Mit dem Ausbau des Ferngasnetzes und anderer Energieträger war der Bedarf für den Brennstoff Kohle in Eisenach stark rückläufig, der Kohlehandel wurde eingestellt. Als Industrieruine stellt das Werksgelände eine Sanierungsfläche dar. Wegen des fast 100-jährigen Betriebs des Gaswerkes und seiner teilweise immer noch bestehenden Betriebsanlagen ist es auf der Fläche zu massiven Schadstoffeinträgen in Boden und Grundwasser gekommen. Über das Grundwasser haben sich die Schadstoffe ausgebreitet. Die Schadstofffahne reicht inzwischen über das Gaswerkgelände hinaus.