Historisches Kalenderblatt 1989 - 2009: Teil 2 - V. Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR im Haus Hainstein

Vom 15. bis 19. September tagte im Haus Hainstein die Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, ein föderaler Zusammenschluss seiner Gliedkirchen - der acht auf dem Gebiet der DDR bestehenden evangelischen Landeskirchen.
Höchster Repräsentant des Bundes war 1989 Thüringens Landesbischof Dr. Werner Leich. Unter seiner Leitung sollte die Synode das Thema "Kirchen in Solidarität mit den Frauen" behandeln, doch wurde Kirchliches verdrängt durch aktuelle gesellschaftliche Probleme wie notwendige Reformen, Reisefreiheit und Demonstrationsrecht. Die Kirchenvertreter äußerten u.a. ihre Sorge über die lähmende Stagnation im politischen Bereich, über das Verdrängen offensichtlicher Konflikte und über die wachsende Unruhe in der DDR-Bevölkerung hinsichtlich der Ausreisewelle. Offen übten die Synodalen Kritik an der Reformunwilligkeit der DDR-Regierung. Ausdrücklich ermutigte man die Bürger, ihre kritischen Meinungen durch gewaltfreien Demonstrationen zum Ausdruck zu bringen. Es wurde festgestellt, dass immer mehr Menschen im Land sich bemühten, Reformprozesse anzustoßen. An dieser Stelle waren sich die Kirchenvertreter einig, dass die Kirche politische Verantwortung zu übernehmen habe.
Am Rande der Eisenacher Tagung der Bundessynode wurde der von vier in kirchlichem Dienst stehenden CDU-Mitgliedern verfasste "Brief aus Weimar" bekannt gemacht. Er wandte sich an die Mitglieder und Vorstände der CDU in der DDR mit der Aufforderung, die aktuellen Probleme im Lande realistisch und unbeschönigt wahrzunehmen, sie offen zu erörtern und Vorschläge zu ihrer Lösung zu unterbreiten.
Kenntnis erhielten die Kirchenvertreter auf der Synode auch über die erst wenige Tage zuvor in Berlin gegründete DDR-Bürgerbewegung "Demokratie jetzt" und deren "Aufruf zur Einmischung in eigener Sache".
Am letzten Beratungstag verabschiedeten die Synodalen einen Beschluss zur gegenwärtigen Lage in der DDR. Er wurde die Grundlage für eine Mitteilung an die Gemeindemitglieder, die später in den Gottesdiensten verlesen wurde.

Ausführlich berichteten die westdeutschen Medien über die Synode in Eisenach. Das SED-Parteiorgan "Neues Deutschland" sprach von einer "Frontberichterstattung" und kommentierte die verabschiedeten Beschlüsse als "Großdeutsche Ladenhüter", als "alten Quark, als Frischkäse angeboten".
Die Bedeutung der Synode sehr viel richtiger einschätzend, schrieb Dr. Gerhard F. Hasse, viele Jahre Leitender Chefarzt und Chirurg am Diakonissen-Krankenhaus und Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs, ein gutes Jahre nach den Ereignissen: "So richtig angefangen hatte alles in Eisenach für mich eigentlich mit der Tagung der Bundessynode der evangelischen Kirchen ... Das mutige Wort des Landesbischofs und die unterstützende Erklärung der Synode rechneten ab mit den Mißständen in der DDR auf dem Gebiet der Meinungsfreiheit, der Reisefreiheit, des Bildungswesens."