Am Samstag, 28. Oktober 1989 lud der Rat der Stadt Eisenach über die lokale Presse die Eisenacher Bürger in die Aula des Instituts für Lehrerbildung (IfL - heute Luther-Gymnasium) am Predigerplatz ein, um am selben Vormittag in einen Dialog zu treten über das "Eisenach heute und morgen". Trotz der kurzfristigen Bekanntgabe des Termins war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Sicher war dies ein Hinwies auf den "Demokratie-Hunger" in der Bevölkerung, aber auch auf die Brisanz des Themas, das sich hinter dem allgemeinen Titel verbarg.
Ausgangspunkt dieser ersten demokratischen Bürgeraussprache war der augenscheinliche Verfall der innerstädtischen Bausubstanz. Der Verfall hatte beängstigende Ausmaße angenommen, ganze Häuserzeilen wurden abgerissen und es drohte die Bebauung innerstädtischer Quartiere mit Plattenbauten. Die von mittelalterlichen Straßenzügen geprägte Innenstadt Eisenachs drohte unwiederbringlich ihr Gesicht zu verlieren.
Dieses düstere Szenario wurde in einem Leserbrief beschreiben, der wenige Tage zuvor erschienen war. Darin heißt es: "Was bleibt dann von unserer historischen Stadt und ihrem unverwechselbaren Bild? Zwischen uniformen Betonfertigteilhäusern wird es dann einzelne, denkmalgeschützte Inseln, einen Marktplatz und einige wenige, bereits durch Abrißlücken aufgelockerte Straßenzüge geben." Und weiter: "Bürger identifizieren sich im allgemeinen mit ihrer Stadt. Doch mit solch ausgedehnten Abrissen geht auch ein Teil unserer Identität verloren."
Der Diskussion im (IfL) stellten sich neben Vertretern des Rates des Kreises auch Funktionäre vom Rat der Stadt - allen voran Bürgermeister Joachim Klapczynski und Stadtbaudirektor Johannes Jaschinski. Sie warteten mit der stolzen Zahl von 9600 Wohnungen auf, die in Eisenach neu gebaut wurden. Das zog sofort die Frage eines Bürgers nach der Zahl der in den vergangenen Jahren verfallenen oder vernichteten Wohnungen nach sich.
Deutliche Kritik mußten sich die städtischen Vertreter für ihren Umgang mit Problemen der Bürger gefallen lassen. Es wurden auch sachliche Forderungen erhoben, zum Beispiel dass die 70 nach Berlin beorderten Arbeitskräfte des Kreisbaubetriebes "für dringlichste Aufgaben in die Stadt zurückzuholen" seien. Stadtbaudirektor Jaschinski versprach, die Bebauung der Innenstadt und der Katharinenstraße wenige Wochen später in einer Einwohnerversammlung vorzustellen.
Bürgermeister Klapczynski schlug vor, Zusammenkünfte dieser Art zu einem bestimmten Themenkreis regelmäßig weiterzuführen.
So konnte letztlich ein positives Fazit gezogen werden. Alle Teilnehmer engagierten sich und ein Bürger brachte es auf die auf die Formel: "Die Liebe zur Stadt zeigt sich im Engagement für die Stadt."