Der sagenhafte Sängerkrieg auf der Wartburg

Der sagenhafte Sängerkrieg auf der Wartburg

Der Sängerkrieg auf der Wartburg, auf den das Jubiläum 2006 in Eisenach zurückgeht, ist ein Konglomerat mehrerer Dichtungen des 13. bis 15. Jahrhunderts. Die Datierung des Geschehens auf 1206/07 hängt eng mit dem Geburtsjahr der heiligen Elisabeth von Thüringen zusammen, zu dessen 800. Jahrestag die 3. Thüringische Landesausstellung auf der Wartburg für 2007 vorbereitet wird.

Die Dichtung vom Sängerkrieg auf der Wartburg besitzt als Hauptteile das "Fürstenlob" und das "Rätselspiel".

Das Fürstenlob handelt am Hofe des Fürsten von Thüringen (Landgraf Hermann I., 1190-1217), an dem sechs Sänger einen Streit darüber austrugen, wer der tugendhafteste Herrscher sei. Heinrich von Ofterdingen lobte seinen Herrn, den Fürsten von Österreich (den Bamberger Leopold VI., 1198-1230). Nacheinander widersprachen ihm Walther von der Vogelweide, der Tugendhafte Schreiber, Biterolf, Reinmar von Zweter und Wolfram von Eschenbach. Denn sie sahen Hermann I. von Thüringen an erster Stelle. Auf dem Höhepunkt sollte Heinrich von Ofterdingen dem Scharfrichter namens Stempfel übergeben werden! Doch er fand bei der Fürstin Sophia (ca. 1171-1217, Gemahlin Hermanns I.) Fürsprache. Schlußendlich sollte Meister Klingsor aus Ungarland als Schiedsrichter entscheiden.
Mit dem Eintreffen Klingsors - nach späteren Überlieferungen ein Jahr nach dem Fürstenlob - beginnt das Rätselspiel. Die Hauptkonkurrenten Klingsor und Wolfram von Eschenbach streiten über allegorische Rätsel und deren Lösung. Vereinzelt beteiligen sich Walther von der Vogelweide, der von Klingsor herbeigeholte Teufel Nasion, der Schreiber und Biterolf. Nach etlichen Rätselthemen endet die Auseinandersetzung ohne klares Ergebnis.

Eine Geschichte mit zwei Teilen: Fürstenlob und Rätselspiel

Die Bestandteile der Dichtung sind offenbar unabhängig voneinander entstanden und im Nachhinein zusammengefügt worden. Sie erinnerten noch im 13. Jahrhundert an das Mäzenatentum Hermanns I. für die Dichter und Sänger seiner Zeit.
Das Fürstenlob soll um 1250 oder zwischen 1260 und 1280 geschaffen worden sein. Als Adressaten werden vor allem zwei Enkel Hermanns I. vermutet: der Markgraf Heinrich III. von Meißen (1221-1288), der 1247 das Erbe der Ludowinger in der Landgrafschaft Thüringen antrat, oder sein Halbbruder Hermann I. von Henneberg (1245-1290), der nach 1247 mit Schmalkalden einen kleinen Teil der Landgrafschaft abbekam.
Das Rätselspiel soll in den 1230er Jahren entstanden sein.

Das Lied vom Wartburgkrieg erfuhr über die Jahrhunderte einige Nachträge und Ergänzungen. In der bekannten Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse, Anfang 14. Jahrhundert) ist es mit einer zweiteiligen Miniatur präsent, auf der oben das Landgrafenpaar in Richterpose und unten Landgraf Hermann inmitten der sechs Sänger abgebildet ist.

Den Ort der Ereignisse bestimmt das Fürstenlob zunächst mit dem thüringischen Fürstenhof, womit mehrere Landgrafenburgen gemeint sein konnten - wie die Neuenburg bei Freyburg a. d. Unstrut, die Burg Weißensee, die Eckartsburg oder die Creuzburg. Das Rätselspiel benennt schon ziemlich genau "zur Wartburg auf dem Palas".
Zur Lokalisierung der Sage auf der Wartburg trug besonders der Eisenacher Geschichtsschreiber Johannes Rothe (um 1360-1434) bei. Die thüringische Geschichtsschreibung und die Sagendichtung kamen immer wieder auf das Thema zurück.

Wagner hat dem Sängerkrieg mit dem „Tannhäuser" zu Weltruhm verholfen

Der Maler Carl Alexander Simon (1805-1852) empfahl sich 1838 mit einem Ölgemälde zum Sängerkriegsstoff und avancierte zum ersten Wartburg-Architekten, wenngleich sein Restaurationsentwurf keine Verwirklichung fand.
Richard Wagner verknüpfte in seiner 1845 uraufgeführten großen romantischen Oper „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg" den Sängerkrieg mit der Tannhäuser-Sage und verhalf diesem Stoff zu wahrem Weltruhm.
Seinen endgültigen Ort fand der Sängerkrieg erst Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Spätromantiker Moritz von Schwind (1804-1871) das größte seiner Wartburg-Fresken - das bekannte Sängerkriegsfresko von 1855 – in einem Raum des gerade restaurierten Palas schuf. Der Raum mit dem Fresko heißt seitdem "Sängersaal".

Schließlich bleibt noch zu klären, wie ein sagenhaftes, nicht stattgefundenes Geschehen exakt auf die Jahre 1206/07 datiert werden konnte. Dies ermöglichte der Dominikaner Dietrich von Apolda in seiner Lebensbeschreibung der Hl. Elisabeth von 1289/97, der am meisten prägenden und verbreiteten Legende dieser Heiligen.
Bei seiner Ankunft in Eisenach deutete laut Dietrich der Zauberer und Schwarzkünstler Klingsor aus den Sternen, dass in dieser Nacht dem König von Ungarn eine Elisabeth genannte Tochter geboren würde, die heilig und dem Sohn des thüringischen Landgrafen angetraut werde. Elisabeth, die Tochter von König Andreas II. von Ungarn, kam wahrscheinlich am 7. Juli 1207 zur Welt und heiratete 1221 Landgraf Ludwig IV. von Thüringen.
Demnach müssten das Rätselspiel 1207 und das Fürstenlob ein Jahr vorher – also 1206 und damit vor 800 Jahren - geschehen sein.